Geschichte
Die Ferdinand-Tönnies-Gesellschaft (FTG) wurde 1956 gegründet. Gründungsimpuls war, ein offenes Forum für politische Diskussionen jenseits der sich neu formierenden studentischen Verbindungen zu schaffen. Anfang der 60er Jahre ergab sich die Möglichkeit, ein Studierendenheim, das Ferdinand-Tönnies-Haus, zu finanzieren und zu bauen. Es wurde 1962 eröffnet und wird bis heute von der FTG betrieben. Das Haus wurde, damals eine Besonderheit, von den Bewohnern selbst verwaltet. In den ersten 20 Jahren lagen die Schwerpunkte der FTG-Arbeit auf der Förderung studentischer Gruppen, der Veranstaltung wissenschaftlicher und kultureller Vorträge und Diskussionen sowie dem Betrieb des Ferdinand-Tönnies-Hauses. Die Benennung des Vereins nach Ferdinand Tönnies markiert die politische Ausrichtung dieser Arbeit: wissenschaftliche Offenheit und Selbstverortung im Spektrum der reformerischen Linken. Die Zusammenarbeit mit studentischen Gruppen war, insbesondere in den Jahren nach 1968, bei dieser grundsätzlichen Ausrichtung nicht immer einfach. Mit Beginn der Präsidentschaft von Lars Clausen, Ordinarius für Soziologie an der Christian-Albrechts-Universität (CAU) im Jahr 1978, rückte die Auseinandersetzung mit dem Werk Ferdinand Tönnies’ in den Vordergrund der Aktivitäten. 1980 fand das erste Internationale Tönnies Symposium statt. Neun weitere folgten, zuletzt 2019 in Kiel. Dem Präsidenten Clausen verdankt sich auch das Signet, unter dem die FTG bis 2021 auftrat.
Das Bild der Preiselbeere, einer grünblättrigen Pflanze, die gleichzeitig weiß blüht und rote Früchte trägt, steht dafür, immer in Aktion zu sein – eine Mahnung an die FTG, immer tätig zu bleiben; zu entziffern allerdings nur bei guten pflanzenkundlichen Kenntnissen. Seit 1992 ist eine zentrale Aufgabe der FTG die Arbeit an der Tönnies Gesamtausgabe. Ein erster Band mit den späten Schriften von 1933–1936, darunter das geschichtssoziologische Werk „Geist der Neuzeit“, wurde 1998 von Lars Clausen ediert und erschien im Berliner Walter de Gruyter Verlag. Seit 2011 wird diese Arbeit von der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur unterstützt. Nach dem Tod von Lars Clausen im Jahr 2010 übernahm Alexander Deichsel das Amt des Präsidenten und gleichzeitig die Federführung über die Tönnies Gesamtausgabe (TG). Nach zehn Jahren Amtszeit stellte er sich 2020 nicht erneut zur Wahl. Da die Covid-Pandemie in diesem Jahr keine Mitgliederversammlung erlaubte, wurde Dieter Haselbach per Briefwahl zum neuen Präsidenten bestimmt. Er übernahm auch die Federführung der TG.
Zur detaillierten Darstellung der Geschichte der FTG seien die folgenden beiden Veröffentlichungen empfohlen:
Uwe Carstens: Chronik der Ferdinand-Tönnies-Gesellschaft, FTG, Kiel 1992 (Restexemplare bei der erhältlich).
Uwe Carstens: Von 1992 bis 2016 – 24 Jahre FTG (Tönnies-Forum, Sonderband 2016), FTG, Kiel 2016.